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Influencing

Viele Influencer haben genau diese Türen in ihren Wohnungen, so die junge Frau, als sie im Musterhaus eine Schiebetür auf- und wieder zumacht. Sie sieht ihre Freundin an. Wie kann das sein, dass dieses Haus schon 5 Jahre alt ist? Die Einrichtung ist doch jetzt gerade super aktuell.

Das weiß ich auch nicht, ich weiß nur, welche Metallbaufirma die Türen für uns hergestellt hat. Es sind Glastüren in einem schwarzen Metallrahmen, die Glasscheibe ist auch noch mal aufgeteilt, so dass man eigentlich nur die schlanken schwarzen Sprossen sieht, wenn man seine Brille nicht aufhat und das Glas der Türen sauber ist. Zargenlos und deckenhoch schweben sie im Raum. Aktuelles Industriedesign, findet die Freundin und macht einige Fotos.

Wir haben die Türen bei einer Firma speziell anfertigen lassen, so erkläre ich. Hermann Fickler Metallbau. Oder Robert, ich weiß nicht genau. Beide Frauen sehen mich fragend an. Das ist in Süddeutschland, dort hat man solche Namen. In der Firma Fickler gibt es nur einen Geschäftsführer, den Inhaber, er ist Schlosser und liefert perfekte Arbeit. Ein Geheimtip, denn im Internet findet man ihn kaum. Sie wollen den Nachnamen ins Telefon einsprechen, eine Gesprächsnotiz machen. Sie zögern, entscheiden dann, dass sie ihn auch so behalten werden. Ich weiß nicht, welchen Hashtag sie benutzen.

Sie nehmen noch einige Fotos von den Türen und influencen fleißig weiter mit ihren Smartphones. Dann unterhalten sie sich über einen dunkelbraunen Labrador, und ob er sich gut auf dem Sofa machen würde.

Genauso einen kenne ich. Er wiegt 35 kg, liebt es, im matschigen Wald zu spazieren, freut sich wie ich über den Regen und riecht satt nach Hund. Ich stelle mir gerade vor, wie eine Spur Schlammpfoten von der Haustür bis zum Wohnzimmer läuft und wie der nasse Hund fröhlich ins Sofa springt und sich zufrieden seufzend in den Kissen fallen lässt. Ich ziehe mich leise ins Arbeitszimmer zurück und rufe einige Kunden an. Es geht mir gerade ein wenig zu weit hier.

Es regnet den ganzen Tag, ideal um nach Feierabend das Lieblingsrestaurant zu besuchen. Marco steht in der Küche. Er kommt aus Rom, er weiß, wie man Nudeln zubereitet. Sie sind einfach perfekt. Der Regen schlägt gegen die großen Terrassentüren, die kahlen Bäume im Park bewegen sich hin und her. Von meinem Platz aus kann ich in die Küche sehen, ich beobachte, wie Marco das Essen zubereitet.

Hinter der Theke steht ein gut aussehender Junge, der sich um die Getränke kümmert. Er sieht aus, als würde er gerade für Dries van Noten über den Laufsteg spazieren. Ein durchtrainierter Körper, leichte, mühelose Bewegungen, wache Augen, konzentriertes Arbeiten. Er heißt Kevin.

Dries van Noten wurde wie ich in Antwerpen geboren, und als ich dort studiert habe, eröffnete er gerade das Modepaleis, den ersten eigenen Laden. Er entwirft Kleider, die einfach gut geschnitten sind, arbeitet mit hochwertigen Stoffen. Er macht die eigenen Prints und überlegt sich gründlich, wo er seine Stoffe weben, drucken und sticken lässt. Seine Produktion hält er so umweltschonend wie möglich. Am Anfang wurde alles in Belgien produziert, jetzt ist die Produktion zu umfangreich. Vieles wird in Indien hergestellt. In der Nähe von Calcutta gibt es Fachleute, die schon mehr als 20 Jahre für ihn arbeiten.

Er macht nur wenig Werbung, seine zeitlose Kleidung verkauft sich mühelos, er könnte überall auf der Welt Geschäfte aufmachen. Aber das macht er nicht. In Gegensatz zu vielen anderen Designern hat er nie seine Selbständigkeit aufgegeben, so dass er alleine entscheiden kann, wie er sich vermarkten will.

Privat wohnt er in einem Haus mit großem Garten und ja, er hat einen Hund, Harry. Der König von Belgien hat ihn geadelt, 2017 hat Dries van Noten den Titel eines Barons bekommen.

Harry braucht in seinem Leben keine Influencer, Dries auch nicht. Und Philippe, der 2 Jahre jüngere König, hat noch nie davon gehört.

Sie machen einfach ihren Job.

www.baufritz.de

www.ferbers.de

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