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Autorenbildkatelijne7

Spezialisten

Komm mal mit zum Auto, so Hanne, als ich frage, ob sie die Pflanzen vorrätig hat. Sie zwinkert mir zu, kommt hinter der Holztheke raus und führt mich aus dem Laden, auf die Straße. Sie sind gerade frisch gekommen, ich verkaufe sie dir aus dem Kofferraum. Ihre Tattoos leuchten in der Sonne, die langen Haare sind locker zusammengebunden.

So stehe ich also am helllichten Tag an der Straße und kaufe grüne, feinblättrige Pflanzen von Hanne. Ein Herr kommt vorbei, sieht, was passiert, und meint, er könne auch etwas davon gebrauchen, was sie denn sonst noch dabei habe? Tanja, antwortet Hanne, die Bio-Freilandgurke. Die ist super dieses Jahr!

Ich bin zum Bioladen gefahren, weil die Pflanzen, die wir vor Monaten aus Samen gezüchtet haben, immer noch nicht größer als 2 cm sind. Sie stehen nur da, still im Beet, haben den ganzen Tag Sonne und Wasser und wollen nicht wachsen. Haben sie zu viel Dünger? Zu wenig? War es der Pferdemist, den ich im Winter habe liefern lassen? War es noch zu kalt im Mai? Zu warm? Ist die Sonne zu stark oder scheint sie zu wenig? Das Gemüse steht da und wächst nicht, sodass ich entschieden habe, einige größere Exemplare dazuzukaufen. Vielleicht können die Kleinen sich etwas abgucken. Wie wachsen geht. Wie Tomaten, Gurken und Chilipflanzen auszusehen haben. Der Porree im Beet ist nicht dicker als Nähgarn. Die Radieschen? Zwei Blätter.

Es gibt eine Warteliste für einen Schrebergarten. Mindestens 3 Jahre, wenn nicht 5. Alle wollen jetzt Gemüse anbauen, auf Instagram sieht man, wie es geht. Ganze Körbe voller Pflücksalat werden geerntet, die ersten Zucchinis wuchern über die Zäune. Die Kräuter duften, der ganze Garten riecht danach. Die stolzen Besitzerinnen der Kleingärten fahren Bakfiets, tragen lange Röcke, Sandalen und Strohhut. Sie ernten jetzt schon, Anfang Juni, instagramfähiges Gemüse, die Haare zu einem lockeren Zopf gebunden. Die Männer sind sonnengeküsst und mit Dreitagebart, immerhin ist es Corona- und Home-Office-Zeit.

Zeit, die Eltern zu besuchen. Meine Mutter meint am Telefon, sie erntet schon die dritte Generation Radieschen dieses Jahr. Ich sehe meine Tochter an, die das Telefon auf laut setzt.

Wachsen vielleicht auch schon Erdbeeren?, fragt sie übermütig.

Bring einfach einige Schüsseln mit, dann kannst du so viel pflücken, wie du möchtest. Ich weiß sowieso nicht, wie ich alle verarbeiten soll.

Ich hoffe, sie kommt nicht nächste Woche zu mir zu Besuch und sieht das Trauerspiel in meinem Garten. Ich kann schon nicht backen, jetzt klappt das mit dem Gemüse auch nicht.

Wein, das geht. Hundert Flaschen habe ich dabei.

Zum Glück gibt es im Bioladen oder im Kofferraum die richtigen Pflanzen. Wenn es sich Freilandgurke Tanja und die anderen anders überlegen und auch nicht weiter wachsen wollen, kann ich dort Gemüse einkaufen. Fertig geerntet.

Ich besuche die Eltern, pflücke Erdbeeren, sehe mich im Garten um, dort wachsen nicht nur Pfirsiche und Nektarinen, sondern auch Quitten, Feigen und Maulbeeren. Die reifen allerdings noch, sie sind erst im Juli so weit.

Wir essen mittags auf der Terrasse Spargelsuppe, Pflücksalat, Radieschen, selbstgebackenes Brot. Die Sonne scheint auf dem Wasser, Libellen kreuzen durch die Frühlingsluft. Ich denke ein bisschen nach.

Meine Tochter hatte mir einen Gutschein für das Café Hase geschenkt. Das ist eins meiner Lieblingslokale in Aachen. Die Inhaberin heißt Cara Stuhlweißenburg. Ein sehr interessanter Namen, Stuhlweißenburg ist eine Stadt mit Geschichte. Es ist der deutsche Name für Székesfehérvár in Ungarn.

Die Stadt bewarb sich Ende 2017 gemeinsam mit sieben anderen ungarischen Städten als Europäische Kulturhauptstadt 2023, vor zwei Jahren wurde die Kandidatur jedoch wieder aus dem Wettbewerb entfernt. Der Grund: Der EU-Kulturausschuss fand, dass der Werbefilm dieser Stadt zu viele fröhliche weiße Menschen zeigte, zu viele Kreuze und Kirchen. Dagegen gab es zu wenige Arme und Migranten zu sehen.

Cara ist jung, fröhlich, gut gelaunt, sie hat letztes Jahr auch das Café Fuchs eröffnet. Wie das Hase ein Geheimtipp für Aachen. Echte, ehrliche Küche, mit Herz und Seele. Ein Gutschein dort ist viel besser als ein selbstgebackener Kuchen. Ich versuche zu erklären, dass es nicht nur um den Kuchen geht, sondern um die ganze Atmosphäre. Es geht um die Leute, die da sind, um den Kaffee, so lecker und cremig wie in Hamburg. Meine Mutter sieht mich skeptisch von der Seite an, aus dem Augenwinkel sehe ich ein leichtes Schulterzucken.

Sie schenkt mir Filterkaffee aus der Thermoskanne nach. Wieso Migranten?, fragt sie.

Ich verabschiede mich und fahre zu meinem mittleren Bruder, mit einem kalten Crémant, die Schwägerin hatte Geburtstag. Wir sitzen am Schwimmteich, lassen die Füße ins Wasser baumeln und schauen über die Landschaft.

Ob ich Kuchen backe?, sie sieht mich an, überlegt kurz und verspeist eine Erdbeere, bevor sie antwortet. Nein, dafür gibt es Spezialisten. Man soll wissen, wo es aufhört. Ich kenne einen Laden. Dort bekommt man alles. Und die Kirschen sind bald reif, die kann man besser so essen.

Der Horizont ist scharf konturiert, die Luft ist blau, keine Flugzeuge. Die Bäume rauschen.

Es muss regnen, sagt sie.

Ja, sage ich.

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