Das Ticket kann nur in der App gekauft werden und ich muss registriert sein. Was war nochmal mein Passwort? Mein mittlerer Sohn, der mich zum Aachener Bahnhof fährt, beobachtet mit Staunen meine Versuche, ein Fahrticket zu kaufen. Kein Netz, App nicht zur Verfügung, Neuanmeldung. Wählen Sie eine Sicherheitsfrage aus. Mädchenname meiner Mutter? Zum Glück muss mein Sohn sich auf den Verkehr konzentrieren, und schnell fahren, denn das Navi zeigt an, dass wir eine Minute vor Abfahrt am Bahnhof ankommen werden.
Wollen Sie die Ortungsdienste für die App einschalten? Was? Werde ich von der Deutschen Bahn persönlich abgeholt? Schön wär’s, denke ich mir, während wir vor einer absurden roten Ampel mitten im Niemandsland stehen. Fahr! Meine Verantwortung. Der Bahnhof ist in Sichtweite, aber der Zug nach Köln hält in wenigen Minuten auf dem hinteren Gleis und die Zeit läuft weg. Nach kurzem Zögern fährt er tatsächlich, die Ampel bleibt einfach rot. Ich schäme mich ein bisschen für diese Anstiftung zur Ordnungswidrigkeit.
Die Bezahlung des Tickets von Aachen nach Köln schließe ich letztendlich im Zug ab, als der Schaffner schon um die Ecke gestapft kommt. Erleichtert lächele ich ihn hinter meiner Maske an, denn fast wäre ich schwarzgefahren, und er sieht nicht so aus, als würde er mir die Geschichte einer Schwarzfahrer-App glauben.
Außerdem habe ich tatsächlich mehr bezahlt als für das Ticket von Köln nach Hamburg, das ich gestern gekauft habe. Wurde hier wirklich nur einmal appgerechnet? Den Rest der Stecke brauche ich, um Emails zu empfangen, die mir bestätigen, dass ich bezahlt habe und wieder vollwertig bei dem Unternehmen registriert bin.
Nichts kann mehr schiefgehen.
Keine Stunde später bin ich im Kölner Hauptbahnhof, gleich geht es Richtung Hamburg weiter. Die Personen um mich bewegen sich mit der Gesichtsmaske und ihren Koffern durch die Bahnhofslandschaft. Manche sind in Eile, andere gehen langsam und konzentriert. Jeder von ihnen hat etwas aus seinem Leben dabei, trägt es wortlos durch die Welt.
Mit den Gesichtsmasken sieht es noch surrealer aus als sonst. Geheimnisvoll schreiben die Reisenden das Leben, indem sie sich selbst und die Gegenstände spurlos von hier nach dort transportieren. Ich rieche die Luft von Pizza, Eisen und Rolltreppe im Bahnhof, höre die Züge, wie sie metallisch auf den Gleisen bremsen. Ich sehe mir die Erschaffer der Welt an.
Hier passiert es. Alles! Hier kann man einsteigen. Man kann komplett aussteigen. Man kann ohne Probleme umsteigen.
Ich tanze vor Freude. Ich reise wieder.
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