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Wangenkuss

Es finden Hamsterkäufe statt, so mein jüngster Sohn. Aber das verstehe ich nicht. Wieso macht man das? Ich antworte, dass man in Quarantäne kommt, wenn man vom Corona-Virus infiziert ist, so dass man keine weiteren Personen anstecken kann, und dass man dann nicht einfach so einkaufen gehen sollte. Aber man hat doch irgend jemanden, der dann etwas zu Essen vorbeibringt, es kann ja nicht sein, dass man verhungert, nur weil man krank ist, vor allem, wenn man daran keine Schuld hat.

Ja, denke ich, man hat immer jemanden, oder das sollte so sein.

Wenn man sich mir dem Corona-Virus infiziert hat, ist eine der Folgen, dass man keinen Appetit hat, überlegt er sich weiter, und findet, damit hat sich das Problem gelöst. Wieso sollte man dann 10 Kilo Mehl im Vorratsschrank haben? Wenn man eh keinen Hunger hat. Die Mehlmotten reiben sich die kleinen Saugrüsselchen, endlich kommt noch mal ein richtiger Vorrat auf. Sie müssen sich nicht mehr wie bisher durchs Gewinde der Vorratsgläser kämpfen, oder sich durch die Verpackung beißen. Sie können sich einfach ins Mehl fallen lassen und sich vermehren.

Die Raupen sind total durchtrainiert, sie können bis zu 400 Meter weit kriechen. Quarantäne? Sie lachen sich tot. Sie werden überleben, sie wissen, wie es geht.

Inzwischen sind wir beim Thema Ellbogengruß statt Wangenkuss.

Ich höre, wie auf sich dem Schulhof die Kinder mit den Ellbogen anspringen, denn fürs Anrempeln kann man jetzt nicht einmal vermahnt werden. Sie sind froh, dass sie wenigstens nicht küssen müssen. Und keinem höflich die Hand geben. Endlich ist Seife da in den Toilettenräumen, und genügend Papier. Und vielleicht wird die Schule ja auch bald geschlossen, dann können sie im Frühlingswetter auf der Straße spielen, den ganzen Tag, 400 Meter weit laufen, wenn man sie einfach nur lässt.

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