Wo liegt noch mal Mauritius, fragt eins der Kinder, das ein Puzzle macht. Es ist eine Weltkarte, 1000 Stück. Ungefähr 870 km östlich von Madagaskar, sage ich, denn so steht es im Internet. Der Inselstaat liegt im Südwesten des Indischen Ozeans und ist für seine Briefmarken, die Rote und Blaue Mauritius, bekannt. Für den Rohrzucker und die Zuckerweißen Strände.
25 Millionen Euro werden dieses Jahr Mauritius nicht erreichen, denn die üblichen 40.000 Touristen aus China kommen nicht. Keiner kommt, alle müssen zuhause bleiben. Aber Sie können die Trauminsel zum Glück virtuell besuchen, und diesmal etwas über sie lernen. Zum Beispiel, dass sie das 5. Land der ganzen Welt war, das Briefmarken verwendete, im Jahr 1847. Und dass die Insel von den Portugiesen besetzt wurde. Danach von den Holländern, die den Dodo ausgerottet haben, von den Franzosen und von den Briten. Als diese letzte Besatzungsmacht abgezogen war, konnte sie endlich unabhängig werden. Die Riesenschildkröte wurde während der französischen Zeit ausgerottet.
La soupe de tortue, Schildkrötensuppe. Eins der wenigen kulinarischen Abenteuer, das von den Engländern erfunden und auch von den Franzosen geliebt wurde. Heutzutage kann man sie nicht mehr kaufen, Schildkrötenfleisch ist verboten. Auch Schildkröteneier bekommt man nicht mehr zu essen. Es gibt natürlich einen geheimen Weg, diese verbotenen Substanzen dennoch zu beziehen. Irgendwo im fernen China, in Wuhan, gibt es Wildtier-Märkte, dort bekommen Sie alles. Sie müssen nur damit rechnen, dass Sie sich dort etwas einfangen, das Sie nicht mehr so schnell loswerden. Und der Rest der Welt auch nicht.
War es eine Fledermaus? Oder war es doch die Schlange, die die Fledermaus gegessen hatte? Man hat den Ursprung von Covid-19 noch nicht endgültig geklärt. Übrigens befindet sich zufällig auch ein Hochsicherheitslaboratorium in Wuhan, das Forschung mit pathogenen Keimen betreibt. Mit den gefährlichsten Krankheitserregern der Welt. In einem Artikel von nature.com aus 2017 (!) hat man Bedenken, dass aus diesem Laboratorium Keime entkommen könnten. Die fehlende Transparenz im System und die herrschende Hierarchie könnten dafür sorgen, dass eventuelle Fehler viel zu spät bekannt gemacht werden. Das könnte die Ursache für eine weltweite Katastrophe sein. https://www.nature.com/news/inside-the-chinese-lab-poised-to-study-world-s-most-dangerous-pathogens-1.21487
Bruno Lina, der Leiter des VirPath Virenzentrum in Lyon, Frankreich, hat schon vor langer Zeit gewarnt, dass wir vor allem auf Viren, die von Tieren auf Menschen übergehen, aufpassen müssten.
Auf Mauritius ist der Dodo ausgestorben. Er war ein plumper Vogel, flugunfähig, mit schwacher Brustmuskulatur, er wurde einen Fehler Gottes genannt, oder auch eine gefiederte Schildkröte. Er wurde achtlos ausgerottet und vergessen. Bis Lewis Caroll über ihn schrieb, in Alice in Wonderland. Da fing man an, sich wieder für ihn zu interessieren, aber es ist ja zu spät jetzt, ausgestorben ist ausgestorben. Man wird ihn nie wieder sehen. Er ist ein Fabeltier geworden, wie die falsche Schildkröte aus der gleichen Geschichte.
Schildkröte. Da denke ich an Dittsche, die Improvisationskomiksendung des WDR https://de.wikipedia.org/wiki/Dittsche. Ich denke an den schweigsamen Imbissgast in dieser Sendung, der sein Feierabendbier trinkt und in Ruhe gelassen werden möchte, man nennt ihn Schildkröte. Er wurde von Franz Jarnach gespielt, einem Musiker und Schauspieler, der Januar 2017 gestorben ist.
Ich sehe mir eine neuere Folge von Dittsche an, mit Schildkrötensohn. Und dann ist sie plötzlich da, die Sehnsucht nach Hamburg, sie überwältigt mich. Sehnsucht nach Wasser, Schiffen, Landungsbrücken. Nach Wind und Regen, Musik. Nach Menschen, die unterm Sonnenschirm auf Biergartenbänken ganz nah zusammensitzen, oder ohne Abstand Schlange stehen vor einem Café. Die sich am Sonntagmittag im Portugiesenviertel mit Freunden treffen und ohne Plan durch die Straßen schlendern.
Kinder spielen auf der Straße. In Planten un Blomen stehen Bänken in der Sonne oder versteckt zwischen den Büschen, man kann dort die Schattenspiele beobachten, das Licht, das sich ständig ändert. Die Farben.
Bald bin ich wieder dort. An einem Frühsommermorgen werde ich in Hamburg auf einer Holzbank in der kühlen Sonne sitzen, am Straßenrand. Vielleicht bei der Pasteleria Estrela, die süßen Brötchen kommen frisch aus dem Ofen. Der Kaffee heißt Galao und ist perfekt. Ich werde ein Sommerkleid anhaben und einen Schal, ich werde die Augen schließen, den Wind spüren, die Sonne, die immer wärmer wird, voller Versprechen. Ich werde ganz langsam den Kaffee trinken, ich werde den Schal ablegen, es wird nach Süden riechen.
Wo liegt noch mal Mauritius?
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